Hallo und herzlich willkommen.
Ich begrüsse dich zu Teil zwei des Themas ganzheitliche Kieferorthopädie.
Heute erfährst du unter anderem wann der beste Zeitpunkt für eine ganzheitliche Behandlung ist und wie so eine ganzheitliche Kieferorthopädische Behandlung denn aussieht.
Wann ist denn nun der beste Zeitpunkt um mit der Behandlung bei Kindern zu beginnen?
Allgemein kann man sagen, dass eine Behandlung so früh wie möglich beginnen sollte, damit das Wachstum von Zähnen und Kiefern optimal genutzt wird und Angewohnheiten, wie zum Beispiel Daumensaugen oder Lippenbeissen abgestellt werden. Die kieferorthopädischen Probleme die Kinder mit ihren bleibenden Zähnen haben, sind vielfach die gleichen, die sie auch mit den Milchzähnen hatten, nur sind die Milchzähne viel kleiner und die Beeinträchtigungen oftmals weniger sichtbar.
Als Daumenregel für die Behandlung lässt sich Folgendes sagen:
Vom ersten bis zum achten Lebensjahr können schon mal Habits wie Lippenbeissen, Daumenlutschen, Mundatmung, Schnarchen und allergische Erscheinungen behandelt werden.
Vom siebten bis zwölften Lebensjahr werden behandelt: Überbiss, das ist wenn die oberen Zähne zu weit über die unteren beissen, Kreuzbiss, das ist, wenn einzelne oder auch mehrere untere Zähne weiter aussen stehen als die oberen und Zahnengstände. Wenn die Behandlung erst nach dem zwölften Lebensjahr beginnt, dann also, wenn alle bleibenden Zähne vorhanden sind, werden zuerst die sogenannten schlechten Angewohnheiten, also Lippenbeissen, Daumenlutschen, Mundatmung und Schnarchen behoben, dann Überbiss, Kreuzbiss und Engstände.
Wenn vom ganzen heutigen Podcast nur eines hängen bleibt, dann soll es das Folgende sein:
Keine Zahnextraktionen, um Platz zu schaffen. Das bringt nur noch grössere Problem mit sich.
Wie sieht nun eine ganzheitliche kieferorthopädische Behandlung aus?
Das Grundprinzip einer ganzheitlichen Behandlung besteht darin die beiden Kiefer in ihrer Entwicklung zu unterstützen sodass sie ihre richtige Grösse erreichen und damit genug Raum entsteht, damit jeder Zahn an seinen vorgesehenen Platz wächst. Anders als bei einer herkömmlichen Kieferorthopädischen Behandlung, wo eine festsitzende Spange eingebracht wird und nur der Kieferorthopäde die Behandlung durchführt, ist jede Behandlung bei der ganzheitlichen Therapie immer eine Partnerschaft zwischen Patient, bei Kindern natürlich auch deren Eltern, dem Kieferorthopäden und den begleitenden Therapeuten in der jeder der Beteiligten seinen Anteil an Pflichten während der Behandlungszeit hat.
Das Kind trägt das Gerät in der empfohlenen Zeit und in der entsprechenden Dauer, die Eltern motivieren, dass dies auch getan wird, der Kieferorthopäde kontrolliert die Behandlungsfortschritte und setzt gegeben falls neue Impulse, macht Änderungen und der Co-Therapeut kann zum Beispiel Lymphdrainage, Cranio-Sacral Therapie oder ähnliches zur Unterstützung des Behandlungserfolges durchführen. Alle ziehen also an einem Strang, um den Behandlungserfolg zu maximieren.
Geräte, die bei der Behandlung helfen können:
Ein ganz tolles Gerät das es in verschiedenen Grössen für Babies, Kinder, Jugendliche und Erwachsen gibt, ist der Lip Trainer. Es ist kein kieferorthopädisches Gerät, ist jedoch extrem wertvoll, um vor allem die Mundmuskulatur und auch die Gesichtsmuskulatur zu trainieren. Das Ganze geschieht durch das Stärken der Lippenmuskulatur. Schon nach zwei Wochen merkst du hier einen Unterschied. Ich nutze den Lip Trainer selbst immer wieder und merke den Unterschied ganz schnell.
Die Übungen werden vier Mal am Tag für jeweils nur 3-4 Minuten ausgeführt, wobei die wichtigsten Zeiten zum Üben am Abend und vor dem zu Bett gehen sind. Der Lippentrainer ist das ideale Gerät um vom Mundatmen weg und zurück zum gesunden Nasenatmen zu kommen und dabei auch weg vom Schnarchen, aktiviert die Gesichtsmuskulatur, koordiniert Zungen- und Halsbewegungen und balanciert den Sympathicus und Parasympathicus.
Die Auswirkungen gehen jedoch viel weiter bis hin zu einer Stimulation des Gehirns, was jedoch mal wieder den Rahmen des Podcast sprengen würde. Die Übungen brauchen nur viermal pro Tag für zirka vier Minuten durchgeführt werden. Am wichtigsten sind dabei die abendliche Übung und die vor dem zu Bett gehen. Das meiner Meinung nach wichtigste Behandlungsgerät der ganzheitlichen Kieferorthopädie ist der Bionator.
Der Bionator ist ein Gerät, das aus einem Kunststoffgestell, einem Lippen-Wangen-Bogen und einem Zungenbügel besteht. Das Tolle am Bionator ist, der Bionator liegt lose im Mund. Der Bionator löst völlig ohne Gewalt oder Zwang eine selbsttätige Umformung des Kiefers aus. Das ist noch nicht alles der Bionator tut noch viel mehr. Die Bionator-Behandlung umfasst nämlich den Menschen in seiner Ganzheit. Der Bionator wirkt quasi als Vermittler zwischen Gebiss und Wirbelsäule. Er tut dies indem er die formenden Kräfte ganz sanft mobilisiert und steuert. Durch die Bionator Behandlung werden die Zähne nicht durch äußere Kräfte, wie bei festsitzenden Spangen, in die richtige Stellung gedrückt, sondern durch gezielte Reizsetzungen, durch die die Zähne dann in ihre natürliche Position wandern.
So wird der Unterkiefer quasi automatisch in die richtige Lage gebracht, die Zunge kommt ebenfalls in die richtige Position und das wiederum normalisiert die Funktion der Zunge. Die normalisierte Zungenfunktion ermöglicht wiederum eine Wachstumssteigerung des Oberkiefers und damit stellen sich auch die einzelnen Zähne von selbst aus korrekt an ihre natürlich vorgesehenen Plätze. Das mag sich für dich jetzt auf den ersten Blick, wie Hokus Pokus anhören. Aber es funktioniert tatsächlich. So habe ich alle kieferorthopädischen Behandlungen bei meinen jungen Patienten begonnen.
Und es geht noch weiter:
Diese neue Bisslage, also wie Ober- und Unterkiefer zusammen beissen, führt zu einer allgemeinen Entspannung der umgebenden Weichteile, zu einer besseren Durchblutung und ganz wichtig: aus einer Mundatmung wird dadurch eine Nasenatmung. Reicht dann die Wirkung des Bionators zum Beispiel zum Öffnen einer Lücke nicht aus, dann kann mit der Crozat-Apparatur ein ebenfalls herausnehmbares Gerät gearbeitet werden. Die Crozat Apparatur unterstützt dabei sowohl die Mundraumentwicklung als auch zusätzlich die Einzelzahnbewegung. Bionator und auch Crozat eignen sich für Kinder genauso wie für Erwachsene.
Wie lange dauert eine ganzheitliche Behandlung?
Die Behandlungsdauer beträgt im Durchschnitt drei bis vier Jahre, je nach Schweregrad der Fehlstellung. Ganz wichtig bei einer kieferorthopädischen Behandlung und meines Erachtens nicht nur bei der ganzheitlichen sondern noch viel mehr bei der klassischen Kieferorthopädie sind Begleitbehandlungen.
Dazu gehören in alphabetischer Folge unter anderem:
Homöopathie, Lymphdrainage, Magnetfeld Therapie, Manuelle Therapie, Myofunktionelle Therapie, Neurofunktionelle Reorganisation nach Padovan und die Osteopathie Der Begriff Orthopädie kommt übrigens aus dem Griechischen und setzt sich aus den Worten Orthos für AUFRECHT und Paideuein für ERZIEHEN zusammen. Und wie du jetzt gehört hast, ist dies bei der ganzheitlichen Kieferorthopädie tatsächlich auch Programm.
Zusammenfassend kann man sagen, dass es bei der ganzheitlichen Kieferorthopädie um mehr geht als nur Zähne richtig zu stellen, Engstände zu beseitigen oder einen Rückbiss zu behandeln. Es geht bei der ganzheitlichen Kieferorthopädie darum über den Mund die gesamte innere Aufrichtung des Patienten in einen Zustand der Harmonie und des Ausgleichs zu bringen. Die Begleitbehandlungen unterstützen dabei diese Entwicklung, sodass der Patient dann aus eigener Kraft innerlich „gerade“ werden kann, seine Mitte findet und mit dieser inneren Haltung seiner Umwelt aufrecht gegenübertritt.
Natürlich gibt es auch Patienten, bei denen die ganzheitliche Behandlung an ihre Grenzen stösst und bei denen man eine konventionelle Behandlung mit festsitzenden Apparaturen nutzen muss. Das ist dann der Fall, wenn zum Beispiel die Selbstheilungskräfte des Patienten, die für die Regulation notwendig sind, nicht mehr ausreichen, oder wenn Zähne gedreht werden müssen, wenn lose im Mund liegende Spangen halt einfach nicht getragen werden oder nicht getragen werden können oder wenn der Patient seine Verantwortung abgeben und sein Problem von außen gelöst haben will.
Ganzheitlich bedeutet eben auch, dass der Patient seinen Anteil an der Behandlung beitragen muss und er die Bereitschaft zum Wandel hat. Wenn diese Bereitschaft vorhanden ist, dann ist auch ein dauerhafter Behandlungserfolg ohne Zwang und Zähne ziehen möglich. Dann kann der Patient im wahrsten Sinne der Welt die Zähne zeigen.
Das war´s auch schon wieder für heute. Vielen Dank fürs Zuhören, schön dass du wieder dabei warst.
Beim nächsten Podcast unterhalten wir uns über Osteopathie und wie sie bei kieferorthopädischen Behandlungen unterstützend wirkt.
Ich bin Dr Elmar Jung mit dem Podcast für deine beste Gesundheit.
Bis zum nächsten Mal.